Zehn gute Gründe für ein neues lebendiges Stadtquartier und gegen das Globus-Einkaufszentrum

Veröffentlicht am 29.01.2014 in Kommunales

„Wir halten an dem Ziel fest, dieses Gebiet der Leipziger Vorstadt zu einem lebendigen, gemischten und durchgrünten Stadtquartier zu entwickeln. Das Motto des für dieses Gebiet einstimmig beschlossenen Masterplans „Park schafft Stadt“ war richtig. Wir brauchen keine überdimensioniertes Handelsgroßvorhaben an dieser Stelle, wir brauchen mehr Wohnungen und mehr Grün in unserer wachsenden Stadt.", Peter Lames, Vorsitzender der SPD-Fraktion.

1. Dresden wächst jährlich um 5000 Einwohner. Die Vision des Masterplans „Leipziger Vorstadt“, hier ein lebendiges Innenstadtquartier für Wohnen, nicht-störendem Gewerbe, Kultur und kleinteiligem Handel entstehen zu lassen, aufgewertet durch Grünachsen und mit hochwertigen Freiräumen - ist machbar. Die Flächen können auch ohne GLOBUS entwickelt werden. Eine erste Wohnnutzung im alten Zollamt hat sich schon etabliert und es gibt eine konkrete Anfrage eines Investors, 370 Mietwohnungen auf der benachbarten Fläche zu bauen. Das zeigt, die wachsende Stadt Dresden hat die Kraft solche Lücken zu schließen. Flächen für mehr innerstädtisches Wohnen werden immer stärker nachgefragt. Gerade jetzt wäre es falsch, solch attraktive innenstadtnahe Entwicklungspotenziale zu vergeuden für nicht notwendige, stadtteilunverträgliche Vorhaben.

2. Die mit Globus verbundene Zunahme der verkehrlichen Belastung ist noch größer als ursprünglich angenommen. Die umliegenden Straßen werden zu Staufallen, trotz geplanter Ausbaumaßnahmen werden Autos und Straßenbahnen deutlich ausgebremst. So sieht das im Auftrag der Stadt erstellte Verkehrsgutachten erhebliche Rückstauerscheinungen für die Antonstraße und bis hin zur Marienbrücke voraus. In der Leipziger Straße sinkt die Durchschnittsgeschwindigkeit stadteinwärts von derzeit 32 km/h um etwa 4,5 km/h, stadtauswärts um 6-8,5 km/h! Zum Vergleich: Bei der Königsbrücker Straße sollen mehr als 30 Millionen Euro investiert werden, um die Durchschnittsgeschwindigkeit in ähnlicher Größenordnung anheben zu können. Der vor einigen Jahren erfolgte Ausbau der Leipziger Straße würde ad absurdum geführt. Die Bewältigung des zusätzlich erzeugten Verkehrs kann überhaupt nur gelingen, weil einige Teile der umliegenden Straßen aufgeweitet, neue Zufahrten und zusätzliche Ampeln errichtet werden. Das sind keine Geschenke an die Stadt, sondern Mindestmaßnahmen, um ein völliges Verkehrschaos zu verhindern.

3. Das GLOBUS-Projekt ist überdimensioniert und zentrenschädigend. Allein das SB-Warenhaus hat mit knapp 9.000 m² eine Verkaufsfläche im Unfang von mehr als zehn Discountmärkten. Inklusive Shopzone und weiterer Läden am Standort entspricht die Gesamtverkaufsfläche von 12.000 m² größenordnungsmäßig der Fläche des gesamten Einzelhandelsbestands in der Inneren Neustadt. Das von der Stadt noch vor dem B-Plan-Aufstellungsbeschluss in Auftrag gegebene Gutachten sah in den benachbarten Ortsteilzentren bei Waren des periodischen Bedarfs Umsatzeinbußen von bis zu 13 Prozent, im Lebensmitteleinzelhandel örtlich bis zu 20 Prozent voraus. Neue Untersuchungen des Handelsverbands sehen ähnlich starke Umsatzverlagerungen. Die bauplanungsrechtlich kritische Grenze von zehn Prozent wird jedenfalls deutlich überschritten. Die Annahmen des Verträglichkeitsgutachtens vom Investor sind dagegen mehr als fragwürdig und berücksichtigen die Vorbelastung durch andere Projekte (EDEKA im Alberthochhaus) nicht.

4. Bereits die Erweiterung des Elbeparks und die Entwicklung des Straßenbahnhofs Mickten haben zu Geschäftsschließungen geführt, zum Beispiel in der Oschatzer und Leipziger Straße. Mit Globus wird der Verdrängungswettbewerb an Schärfe zunehmen - zu Lasten der gewachsenen Ortsteilzentren und der wohnortnahen Versorgung. Das Gutachten des Handelsverbands sieht beispielsweise den Konsum-Standort in der Markt-Halle in der Inneren Neustadt akut gefährdet. Die negativen Auswirkungen beschränken sich aber nicht auf die benachbarten Stadtteile. Nach dem Gutachten des Investors umfasst das Einzugsgebiet rund 200.000 (!) Einwohner. Umsatzrückgänge sind demnach bis in die Innenstadt, ja sogar bis zu den Ortsteilzentren Kesselsdorfer Straße und Fetscherplatz spürbar.

5. Es gibt in Dresden keinen Mangel an großen Einkaufszentren, wohl aber Defizite in gewachsenen Einzelhandelslagen und an lebendigen Geschäftsstraßen. Mit 1,7 qm Verkaufsfläche pro Einwohner ist Dresden schon heute überdurchschnittlich ausgestattet. Gemäß den Untersuchungen der Stadt gibt es auch vor Ort kein Defizit, im Gegenteil ist das Gebiet im Lebensmittelbereich 24 Prozent überversorgt. Zuwächse an einer Stelle führen deshalb in erster Linie zu Verlusten an anderer Stelle. Der Verdrängungswettbewerb gewinnt weiter an Schärfe. Die rund 300 in Aussicht gestellten Arbeitsplätze sind deshalb zu relativieren. Allein in den Ortsämtern Neustadt und Pieschen sind über 1000 Handelsgeschäfte mit schätzungsweise über 3000 Beschäftigten angesiedelt, die potenziell negativ betroffen sind.

6. Die Ansiedlung widerspricht wesentlichen stadtplanerischen Zielen. Der Standort ist nicht-integriert, liegt weitab der Wohnsiedlungen und verfestigt so autofixierte Handelsstrukturen. Leitmotto des Masterplans ist „Park schafft Stadt“. Parkplätze waren nicht gemeint. Beschlossenes Planziel ist ferner eine möglichst kleinteilige Nutzungs- und Bebauungsstruktur. Das im Kern monofunktionale Großvorhaben GLOBUS ist das genaue Gegenteil davon. Der geplante Zweckbau für das geplante SB-Warenhaus und die Parkplatzflächen wirken wie ein Riegel. Die angestrebten Wegeverbindungen zwischen Neustadt und Hafencity, die sinnvolle Schließung der Siedlungslücke zwischen Pieschen und der Innenstadt wird verbaut. Wer will schon über einen großen Parkplatz flanieren oder neben einem Einkaufszentrum wohnen. Es ist auch keine angemessene Umgebung für die denkmalgeschützten und verkehrsgeschichtlich sehr bedeutsamen Eisenbahnanlagen. Diese sind durch andere Maßnahmen zu sichern.

7. Der Präzedenzfall könnte Nachahmer ermuntern. Im direkten Umfeld gibt es weitere Interessen, großflächige Handelseinrichtungen zu bauen. Vorgängeranfragen wurden bislang mit dem Argument, dies widerspräche dem Zentrenkonzept, abgelehnt. Globus widerspricht dem Konzept aber noch mehr. Deshalb drohen nicht gewollte Folgeentwicklungen oder Rechtsstreitigkeiten. Benachbarte Grundstückeigentümer haben schon Klagen angekündigt.

8. Mit dem Verkehr nimmt auch die Umwelt- und Lärmbelastung zu. Laut Gutachten werden Grenzwerte für Feinstaub und Stickstoffoxyde zwar eingehalten, aber auch nur, weil es bislang in direkter Nachbarschaft kaum Wohnnutzungen gibt. Genau diese erwünschten Nutzungen werden aber durch die verkehrlichen Belastungen beeinträchtigt. Die Ziele des Luftreinhalteplans, nicht-integrierte Vorhaben zu vermeiden, werden ohnehin konterkariert.

9. Ungewöhnliche viele Bürgerinnen und Bürger sowie wichtige Verbände und Institutionen haben schwerwiegende Bedenken angemeldet, darunter die IHK, die Landesdirektion, der Handelsverband Sachsen, Die Grüne Liga, der Verein Pro Pieschen, lokale Handelsverände, ... Ferner haben die Ortsbeiräte in Neustadt und Pieschen mit überwältigenden Mehrheiten gegen das Projekt gestimmt. Die Fraktionen im Stadtrat sollten dies ernst nehmen.

10. Nicht zuletzt nimmt die Glaubwürdigkeit von Stadtplanung und Politik ernsthaften Schaden. Größenordnung und Lage des Projektes führen nicht nur das Zentrenkonzept der Stadt ad absurdum. Dagegen sprechen auch der gültige Flächennutzungsplan, das Leitbild Innenstadt, der Masterplan Leipziger Vorstadt, der Luftreinhalteplan und noch einige mehr. Die Missachtung all dieser mit großer Mehrheit oder einstimmig beschlossener Pläne untergräbt das Vertrauen in die Verlässlichkeit von Beschlüssen.

 

Unsere nächsten Termine:

Besucher-Zähler:

Besucher:591173
Heute:15
Online:1